Mitgemeint und ausgeschlossen – was zum Sternchen*?
Immer wieder ist von Frauen* und Mädchen* die Rede: Aber wer ist eigentlich damit gemeint? Auf diese Frage gibt es die verschiedensten Antworten – und die sind oft ganz schön ärgerlich. Lena erklärt warum und wie es besser geht!

“zurückgestarrt”, Acryl auf Karton, 2016, von SchwarzRund.de Multimediale Künstler*in und Autor*in von BISKAYA
Letztens hab ich in mein Mailkonto geschaut und dort einen Aufruf gefunden. “Nur für Frauen*” stand da. Mit Sternchen hinten dran bei „Frauen“. Ich dachte mir dann: “Okay, also Frau bin ich, vielleicht ist das ja so gemeint, dass alle Frauen (trans, inter*, nicht-binär, cis) gemeint sind? In der Mail selbst fand ich keinen Hinweis, was dieses “Frauen*” bedeuten soll. Grundsätzlich ging es um eine Umfrage. Neugierig wie ich bin, klickte ich auf den Link, der mich zu einer Beschreibung der Umfrage führte. Wieder der Hinweis, dass diese Umfrage sich “nur an Frauen*” richtet. Ich lese weiter und komme im letzten Absatz der Lösung näher: “Diese Umfrage richtet sich an Personen ab 18 Jahren mit einer Vulva”.
Okay?! Bitte was?
“Nur für Frauen*”
Steht das Sternchen also dafür, eine Vulva zu haben? Was ist mit nicht-binären Menschen, die keine Frauen sind, oder Männern die eine Vulva (die sie nicht unbedingt so nennen müssen) haben?
Wenn letztere gemeint sind: Wieso werden diese durchgehend als “Frauen*” bezeichnet und ihnen damit ein Geschlecht zugeschrieben, das sie nicht sind? Warum steht da “Frauen*”, wenn es auch Frauen gibt, die keine Vulva haben?
Auf mich persönlich trifft Letzteres zu. Ich bin Frau und habe keine Vulva. Wenn da stehen würde: „Diese Umfrage richtet sich an Frauen mit Vulva“ wäre das ja kein Problem. Aber es war mehrmals angemerkt, dass es um „Frauen*“ gehen würde. Das fühlte sich für mich so an, als ob es falsch wäre, wenn ich den Begriff Frau (jetzt ohne Sternchen) benutze. Es ist aber nicht falsch.
Falsch ist wie hier Leute bezeichnet werden. Im nächsten Absatz erkläre ich warum.
Menschen werden auf ihre Genitalien reduziert
Die kleine Geschichte oben war ein Beispiel dafür, wie „Frauen*“ bitte auf keinen Fall verwendet werden soll. Klar, es ist vielleicht aufwändiger oder ungewohnt, wenn ich anstatt “Umfrage für Frauen*” schreibe: “Umfrage für Personen mit Vulva”. Aber es würde zumindest konkret benennen, worum und um wen es geht!
Leider heißt es dann oft, dass Frauen gar nicht benannt werden. Aber geht hier 1. die “Lösung”, an “Frauen” ein Sternchen dranzuhängen und damit alle Menschen mit einer bestimmten Anatomie (mit-) zu meinen, nicht an der Realität vorbei? Genau gesagt an den Lebensrealitäten vieler Menschen?
Wie weiter oben schon angesprochen, werden dabei 2. Leute als Frauen bezeichnet, die keine sind. Das nennt sich Misgendering (englisch für „als falsches Geschlecht bezeichnen“). Dieses Misgendering verletzt und kann in manchen Situationen auch (lebens-)gefährlich sein.
Außerdem ist 3. das oben genannte Beispiel irreführend für Frauen, die dann eigentlich doch nicht mitgemeint sind, weil sie bestimmte Voraussetzungen nicht erfüllen.
Außerdem passiert hier 4. ganz nebenbei etwas, das in feministischer Tradition eigentlich schon lange kritisiert wird: Menschen werden auf ihre Genitalien reduziert.
Frauen sind verschieden
Frauen sind verschieden, sie haben verschiedene Körper, verschiedene Genitalien und verschiedene Erfahrungen. Lasst uns doch diese Vielfältigkeit feiern, anstatt manchen Frauen ihr Geschlecht abzusprechen und andere Leute als Frauen zu bezeichnen, die keine sind. Und bitte lasst die Sternchen zu Hause!
(Eine Ausnahme gilt, wenn es eine Selbstbezeichnung ist)
zur Autorin:
Lena Lila ist (binäre) trans Frau,
engagiert in (trans-)feministischen Kollektiven,
studiert und arbeitet und würde am liebsten viel mehr Aktivismus machen
SchwarzRund ist Multimediale Künstler*in und Autor*in von BISKAYA
Gruselig. Aber ich habe so ein bisschen das Gefühl, dass das Sternchen in besagter Mail kein „Sternchen“ war, sondern der Hinweis auf eine Fußnote, also eine nähere Erläuterung eines Begriffes am Ende des Geschriebenen. Darauf würde hindeuten, dass eben bei jeder Erwähnung von „Frauen“ das Sternchen dran war, aber die Erklärung erst und tatsächlich Ganz am Ende des Dokuments – wie eben bei einer Fußnote üblich.
Auch dafür spricht, denke ich, dass normalerweise ja, wenn das – kritisch gesehene – Sternchen bei Männern oder Frauen gesetzt wird, es eigentlich „Trans“-INKLUDIEREND sein soll, aber hier ja ausdrücklich exkludierend gemeint ist …
(Abgesehen davon hat die Autorin natürlich ganz recht mit ihrem Artikel)