Girlsplaining – über Vulven, die Venus und Voldemort
Die Comiczeichnerin und Drehbuchautorin Katja Klengel hat über ein Jahr auf Broadly die Comic-Kolumne „Girlsplaining“ veröffentlicht. Jetzt gibt es die geballte Packung auch als Buch. In den einzelnen Kapiteln spricht Katja über den Fluch von gendergetrenntem Spielzeug, Körperbehaarung bei Frauen und was Vulvas und Voldemort gemeinsam haben. Lara hat ihr dazu mal ein paar Fragen gestellt.

Katja Klengel | © Adrian vom Baur
Hallo Katja, in deinen Comics geht es oft um persönlich aber auch feministische Themen. Wie kommen die einzelnen Folgen zustande?
Meistens gibt es irgendeine Alltagssituation, die mich nervt oder stört. Zum Beispiel, sammel und shoppe ich total gerne Spielzeug, aber wenn ich einen Laden gehe, ist es oft schwer, etwas schönes zu finden. Dann hab ich mich erinnert, dass ich als Kind schon anderes Lego als mein Bruder bekommen habe. Er hatte eine coole Burg mit Drachen und ich hatte eine Strandszenerie mit Surferin und seltsamem Typen mit Schnurrbart. Und daraus wurde dann später die Episode über Spielzeug und Gender.
Wie bist du eigentlich zum Comiczeichnen gekommen?
Ich hab schon früh Comics gelesen, aber die meisten westlichen hatten immer nur Typen als Helden. Deswegen bin ich beim Manga gelandet, wo viele Mädchen und Frauen die Heldinnen sind, allen voran Sailor Moon. Einer meiner ersten eigenen Comics war ein Sailor Moon Fan-Comic! Meine ersten Veröffentlichungen waren regelmäßige Webcomics, die dann später auch gedruckt wurden.
Wenn man „Girlsplaining“ liest, merkt man schnell, dass Sailor Moon nicht der einzige Einfluss auf deine kreative Arbeit ist.
Stimmt , Star Trek, Barbie, Harry Potter…eigentlich alles was ich so kenne und mag. Das passiert bei mir ganz automatisch. Ich denke über ein Thema nach und dann geht’s ab in meinem Gehirn. Zum Beispiel hab ich darüber nachgedacht, wie absurd es ist, dass sich niemand traut, das Wort „Vulva“ laut auszusprechen. Und mein Kopf dachte dann direkt „Haha, dass ist ja wie Voldemort!“. Das hilft mir selbst beim Umgang mit schwierigen Themen, aber ich glaube, es erleichtert anderen auch den Einstieg beim Lesen. Wichtig ist mir aber immer, dass ich Themen und Erfahrungen dabei nicht bagatellisiere oder ins Lächerliche ziehe.
Was hat es denn mit dem Titel „Girlsplaining“ auf sich?
Am Anfang wollte ich ein Wortspiel nutzen, „That time of the month“. Weil es sich einmal auf den Erscheinungstag meiner Kolumne bezieht und einmal auf den Menstruationszyklus. Aber weil ich mir jedes Mal die Zunge beim Aussprechen verheddert habe, musste ich mir doch etwas Anderers ausdenken. Zu der Zeit hab ich das Buch „Men explain things to me“ von Rebecca Solnit gelesen. Da erzählt sie, wie sie immer wieder mansplaining erfährt. Das wollte ich dann umdrehen und so kam ich auf Girlsplaining. Aber ich erkläre nicht nur anderen etwas sondern auch mir selbst.
Was meinst du damit genau?
Das Schreiben und Zeichnen war für mich ein Prozess. Ich musste und wollte mich in einige Themen erst einarbeiten. Dabei hab ich auch meinen eigenen Körper besser verstanden und meine Beziehung zu ihm hat sich positiven verändert. Vor ein paar Jahren noch hab ich mich so für meine Beinbehaarung geschämt, dass ich auf eine Laserentfernung gespart habe. Ich glaube, das geht aber vielen Leuten so, weil viele Themen um Körper und Geschlecht so tabu sind. Da spielt auch direkt das Cover des Buches mit rein.
Die Coverzeichnung ist eine Variante von Botticellis „Geburt der Venus“, warum hast dieses berühmte Bild als Vorlage genommen?
Das Bild gilt als das am häufigsten zitierte Bild der Welt. Mich hat daran immer gestört, dass die Venus gerade geboren wird und schon muss sie sich bedecken. Um sie herum kommen irgendwelche Typen daher und drücken ihr Tücher in die Hand damit ihre Brüste und Vagina ja nicht gesehen wird. Das zeigt, wie Frauen von Geburt an für ihren Körper geshamed werden. Deswegen macht meine Venus auf dem Cover das nicht. Meine Venus muss sich nicht verdecken oder verstecken.
Derzeit bist du ja auf großer Lesetour durch Deutschland. Wie geht es danach bei dir weiter?
Die nächsten Girlsplaining Folgen sind schon in Arbeit! Da gibt es noch viel, das ich näher beleuchten will. Zum Beispiel will ich etwas zu Endometriose machen. Jede zehnte Frau hat diese Krankheit, aber kaum jemand hat davon gehört. Außerdem arbeite ich an einem längeren Horror Comicroman über toxische Männlichkeit.
Girlspaining (2018) Katja Klengel – Reprodukt Verlag – 160 S. – 18 S. (Vom Verlag wurde ein kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt.)